Mein Badeunfall
Badeunfall – was einen nicht umbringt, macht einen nur noch härter
Urlaub 2024 am Mittelmeer, in meinem, unserem Lieblingsbadeort Marina di Camerota. Hier sind die Kinder herangewachsen, sie haben hier schwimmen gelernt, gleich mit Flossen und Schnorchel, waren zum Schnorcheln, tauchen, Bootsfahrten waren mit eigenem kleinen Boot täglich angesagt. Jahre später ist mein Mann hier im Urlaub verstorben, wurde auf seinen Wunsch auch hier zur letzten Ruhe gebettet.
Und nach langer Urlaubsabstinenz, ging es mit der Familie, meine Söhne mit Anhang, genau wieder an diesen Ort, wo an jedem Eck Erinnerungen sind.
Mit Wohnmobil und Wohnwagen ging es von mir daheim 1500 km Richtung italienischer Stiefelspitze. Die Kinder kamen von Rostock und Berlin, um mich abzuholen.
Rom, Neapel, Salerno, Battipaglia, ja langsam konnte man das Mittelmeer riechen.
Für mich kann es ja nicht warm genug sein. Das hat auch keinen Einfluss auf meine Lunge. Die salzhaltige Luft tut mir sehr gut. Genauso wie z.B. an der Ostsee, wo es mir super geht. Es darf nur nicht zu hohe Luftfeuchte sein, dann gehe ich wieder ein wie eine Primel.
Meine frühere Schwägerin wollte mich immer schon für Thailand begeistern. Da war wissentlich noch nichts von COPD, aber ich wusste ganz instinktiv, diese Luft ist nichts für mich.
Am Ort angekommen, und riesiger Begrüßung, man war wie immer willkommen, man kennt sich ja schon ewig, zwar mit Pausen, aber immer gern gesehen. Man gehört irgendwie zur Familie. Sowie dem ersten Sonnenbrand, ich weiß nicht, aber irgendwie gehört er ja dazu, ob man will oder nicht.
Irgendwann zogen Gewitterwolken über die Berge Richtung Meer. Es hat etwas getröpfelt, das war es. Über Nacht hat sich das Wetter über dem Meer ausgetobt, am nächsten Morgen wieder Traumwetter, die Sonne brannte vom Himmel. Nur hörte man bis zum Campingplatz hoch, die Wellen an den Strand schlagen. Oha....
In den vielen Jahren in denen wir dort unsere langen Urlaube verbrachten, hatten wir recht selten solche Wetterlagen. Sicher gab es Zeiten da konnte kein kleineres Boot den Hafen verlassen, kenne Landungsversuche wo sich die großen Schlauchboote plus 50 PS Außenborder überschlagen haben, aber das war recht selten.
Also machte ich mich auf den Weg an den Strand und wie viele andere Strandbesucher war ich fasziniert von den Wellen und deren Geräusche, einfach traumhaft. So stelle ich mir den Urlaub vor.
Am besten im Liegestuhl, mit einem Aperol Spritz, oder Limoncello Spritz von der Strandbar, träumen, das Meer beobachten und Gedanken und Erinnerungen passieren lassen. Das ist für mich Urlaub.
Ich kann nichts angefangen mit Hotelhochburgen. Mit Menschen, die wie ferngesteuert, mit Handtuch bewaffnet vor dem Frühstück eine Liege am Pol zu reservieren. Allein schon die Vorstellung am Pol zu liegen und 100 Meter weiter ist das Meer. Nee, geht für mich gar nicht.
An besagtem Tag war es trotz leichter auflandiger Brise sehr heiß, also machte ich mich von meiner Liege, wie viele andere auch, auf um meine Füße zu kühlen, für ein Bad waren die Wellen zu stark, besonders in meinem „Jugendlichen Alter“. Was keiner wusste, hatte das Meer über Nacht eine gewaltige Stufe geschaffen. Bei Kniescheibe ging es plötzlich runter und Du standest bis zur Brust im Wasser. Für jüngere Erwachsene, kein Problem, hätte mich früher auch nicht gestört, hat ja richtig Spa0 gemacht. Früher..... Ja, wir haben aber kein früher mehr, ich mittlerweile mit großen Schritten in Richtung 80 unterwegs, das kann ja nicht gehen, eher schief.
Tja und genau so kam es dann.
Bin etwas zu weit ins Wasser gegangen. Es kamen plötzlich größere Wellen. Die ersten konnte ich noch stehen. Ich machte einen Fehler, drehte mich Richtung Strand, um zu sehen, ob jemand meiner Familie nun auch am Strand war.
Und schwups, weg war ich. Ich war weg. Mich drehte es wie in einer Waschmaschine, ich machte die Augen auf, um zu sehen, wo oben und unten ist, ich sah nur Gischt.
Na super, ich bekam keinen Boden unter die Füße, ich wollte eigentlich noch nicht das hiesige Grab mit meinem Mann teilen. Ist schon komisch, was einem in diesem Moment so durch den Kopf schießt.
Plötzlich wurde an mir herumgezerrt, an beiden Armen verspürte ich einen Zug und plötzlich sah ich wieder die Sonne.
Im Nachhinein wurde mir erzählt, dass der Bademeister mich hat untergehen sehen, 2 Herren die Strandnachbarn waren und einer meiner Söhne einen Start von Handtuch zu mir in Rekordzeit hingelegt hat, mich dann wieder aus dem Wasser gefischt haben.
Ich war doch wieder im Gespräch für diesen Tag und ich glücklich noch unter den Lebenden zu weilen. Voll das Dankeschön und Lobes für meine Retter. Ist gar nicht so einfach, wenn man irgendwie in dieser Situation die Sprache vergessen hat. Aber es herzliches Drücken und ein Busserl, später noch ein Drink, hat dann meine sprachliche Sprachlosigkeit überspielt.
Ich lebe noch. Und so fand ich mich erneut in einem Wirbel aus Erleichterung, Dankbarkeit und einer Prise Adrenalin wieder. Man sagt ja, dass solche Erlebnisse einem die Augen öffnen – und in diesem Fall war es so. In den Tagen danach sah ich das Meer mit anderen Augen. Die Wellen, die ich zuvor nur als wunderschöne Kulisse betrachtet hatte, waren nun mehr als das – sie waren ein lebendiges Wesen, unberechenbar und stark, aber auch schön und faszinierend.
Die ersten Tage nach meinem Badeunfall waren von einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Lebendigkeit geprägt. Ich genoss die Momente am Strand noch mehr, setzte mich in den Liegestuhl, trank meine Spritz-Variationen und beobachtete die Kinder beim Spielen im flachen Wasser.