Kampf dem inneren Schweinehund (1)

 

Mein Kampf gegen den inneren Schweinehund ist so alt wie meine Erinnerungen. Ich muss zurückblicken auf die Anfänge meines Lebens.

Der Klapperstorch brachte mich zu einem unverheirateten Veganer-Paar – meine Mutter hatte mich darüber im Unklaren gelassen, was später zu Streitigkeiten führte. Als Veganerin stillte mich meine Mutter, bis ich keine Milch mehr brauchte, denn Veganer konsumieren nichts Tierisches. Mein Vater war ein extrem militanter Veganer, im Vergleich dazu sind die Zeugen Jehovas harmlos. Als Kind musste ich seine Tiraden über mich ergehen lassen, die ich später auswendig konnte und die mir noch später nur noch peinlich waren. Vegan zu leben, war für mich normal, bis ich zur Schule kam.

Mein Vater, sehr sportlich, brachte mir früh den Sport nahe, und ich erzielte hervorragende Leistungen, was die "Fleischfresser" nicht verstanden. Wir waren die "Affenfutterfresser", und die Leute versuchten, mich in Anwesenheit meines Vaters mit Süßigkeiten zu locken, was stets zu Diskussionen über die Schädlichkeit von Zucker führte.

Was gab es bei uns zu essen? Obst, Gemüse, exotische Früchte, Nüsse, Reis, Getreide, Honig – meine Mutter zauberte daraus immer etwas Essbares. Als Snack hatte ich stets Nüsse in allen Varianten. In der Schule sah ich dann, was die anderen Kinder dabei hatten, und war erstaunt, da ich so etwas noch nie gesehen oder gerochen hatte. Bald tauschten wir unsere Pausenbrote, und es schmeckte herrlich. Manche Mütter begannen, mich mitzuversorgen. Zu Hause begann ich zu rebellieren und wollte auch Wurstbrote mit in die Schule nehmen. Meine Rebellion verpuffte, mein Vater hatte die besseren Argumente, notfalls gab es was hinter die Löffel.

In meiner Jugend war der Tante-Emma-Laden ein fester Bestandteil meines Alltags. Dieser kleine, lokale Einkaufsladen war nicht nur ein Ort des Vertrauens, sondern auch ein Symbol für die sozialen Gepflogenheiten meiner damaligen Zeit. Die Menschen kannten sich, und die Geschäfte wurden oft auf Kredit geführt, was für viele Familien eine wichtige Möglichkeit darstellte, ihren täglichen Bedarf zu decken.

Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitszeiten meiner Eltern war ich oft allein und machte mich jeden Morgen auf den Weg zur Schule. Mein Vater, als Polizist beschäftigt, hatte unregelmäßige Schichten, während meine Mutter früh zum RIAS Berlin aufbrach, wo sie als Stenotypistin tätig war. In dieser Zeit entwickelte ich das Bedürfnis, selbstständiger zu werden, und so kam ich auf die Idee, im Tante-Emma-Laden einzukaufen.

Die kleinen Bonbontüten, die ich mir täglich selbst zusammenstellte, entwickelten sich rasch zu einer Gewohnheit. Mit der unbeschwerten Freude eines Kindes suchte ich mir die bunten Süßigkeiten aus. Ein Monat lang konnte ich mein geheimes Vorhaben ungestört genießen, bis meine Mutter die Rechnung beglich und die dunklen Wolken des Unheils über mir zusammenzogen. Die unverhoffte Enthüllung meines heimlichen Einkaufs führte schließlich zu einem unvergleichlichen Streit, der mir eine drastische Lektion über Verantwortung und die Konsequenzen meines Handelns erteilte.

Diese Episode aus meiner Kindheit bleibt mir als prägender Moment in Erinnerung – einerseits als unbeschwerte Zeit der Kindheit und andererseits als bedeutende Erkenntnis über die Bedeutung von Vertrauen und Kommunikation in der Familie. Der Tante-Emma-Laden wird für immer ein Symbol für diese Mischung aus Freude und der schulenden Realität des Erwachsenwerdens bleiben.

1968 musste ich meinen Führerschein machen. Mein Vater hatte Gelenkprobleme, das Laufen fiel schwer.  Da er es versäumt hatte, seinen Führerschein nach dem Krieg umschreiben zu lassen, durfte er nicht, außer mit einem Mofa, am Straßenverkehr teilnehmen. Ich durfte meinen Führerschein machen, damit mein Vater einen Chauffeur hat.  Leider hat er seine Rechnung  ohne mich gemacht. Endlich hatte ich meine Freiheit, die ich schon länger wollte. Zwar wurde man erst mit 21 Jahren volljährig, die betraf nur Behörden- und Bankangelegenheiten. Ich hatte mein eigenes Geld, hatte angefangen Tontechnik beim RIAS Berlin zu lernen.